Am 16. Dezember kam bei Deutschlandfunk Kultur eine Sendung zum Thema Verschwendung von Lebensmitteln. In der Sendung gab es eine Anruferin, die von SoLaWi (Solidarischer Landwirtschaft) berichtete. Das Konzept, dass Konsumenten eine Genossenschaft bilden und zu Beginn des Jahres bei einem Landwirt »die Bestellung« aufgeben, so dass dieser nicht spekulativ produzieren muss, sondern mit einem realistischen Ziel, kannte ich bereits aus diversen Meldungen. Nur fiel mir in der Sendung bewusst auf, dass wir uns in Bezug auf die Kundenbeziehung und den Sinn des Wirtschaftens wieder rückwärts entwickeln: zurück zu den Anfängen.
Im Soziopod zum Thema Arbeit hat Herr Köbel die Entwicklung der Arbeit und die Wandlung der Kundenbeziehung geschildert. Vielleicht war dies der Hintergrund, der mich die SoLaWi hat so bedeutend sehen lassen, denn in diesen Genossenschaften kommt wieder die alte Beziehung von Konsument und Produzent zustande. Mit der Professionalisierung der Produktion, speziell im Zeitalter der Industrialisierung, kam es zu einer Entfremdung der beiden Enden der Handelskette. Waren liefen über Zwischenhändler und die Produzenten begannen für Unbekannte (außerhalb ihres Bekanntenkreises) zu produzieren. Eine Bindung des Produzenten zum Nutzen beim Konsumenten ging verloren und die Produktion aufgrund von Bedarf wandelte sich in eine Produktion aufgrund von Profit – der Antrieb der Arbeit war idealistisch gesehen nicht mehr die Befriedigung der Bedürfnisse des Gegenübers, sondern die Steigerung des eigenen Profits.
Diesen Schritt von der bedarfsgetriebenen Produktion hin zur Gewinnmaximierung sehe ich als einen entscheidenden Wendepunkt in der Entwicklung der Wirtschaft, durch den es zu Phänomenen wie Überproduktion und Luxus und Denkweisen wie »Bedarf beim Kunden wecken« gekommen ist.
Jedoch scheint mit den Neuerungen und Verbesserungen der letzten Jahrzehnte, speziell dem Internet, es für einige Waren wieder ein Aufleben der direkten Produzent-Konsument-Beziehung zu geben, in der der Produzent nicht nur den eigenen Gewinn als Sinn in seiner Arbeit findet, sondern auch den Kontakt mit und die Rückmeldungen seiner Kunden hat. Es wird nicht mehr für einen desinteressierten Zwischenhändler produziert, sondern für den, der die Ware später auch nutzen wird.
Interessant fand ich in der Radiosendung auch den Begriff des »Hauswirtschaftsunterrichts«, den eine Anruferin eingebracht hatte. Ihr Anliegen war, in der Schule wieder mehr Grundlagen des täglichen Lebens zu vermitteln, den Kindern wieder mehr Bezug zur Lebensmittelproduktion und -nutzung zu verschaffen. Ich stimme da auch mit der Anruferin überein, dass in der Schule der Schwerpunkt »Das praktische Leben« mehr Gewicht bekommen muss, damit eben Kinder auch erkennen, dass Kühe nicht lila sind, natürliches Eigelb nicht orange aussieht und eine Tomate unter natürlichen Bedingungen Wochen benötigt, um zu reifen. Dieser Kontakt zu den Ursprüngen unserer täglichen Waren und das einhergehende Verständnis zum Umgang mit ihnen fehlt uns heute.
Aber um die beiden Punkte, dass es Entwicklungen wieder hin zu einem direkten Handel gibt, wie er vor vielen Jahren üblich war, und den Gedanken dass Kinder wieder in Hauswirtschaft unterrichtet werden, finde ich sehr interessant. Würden wir also in dem Bezug wirklich wieder hin zu einem Denken kommen, wie es vor langer Zeit vorherrschte, dann wäre auch damit wieder ein Zyklus geschlossen.
Ich weiß leider nicht mehr welcher Philosoph es beschrieben hat, aber es gibt die Anschauung, dass die Welt sich wie in Spiralbewegungen aufwärts entwickelt: von einem Höhepunkt kommt es wieder zu einem Absinken und von dort wieder zu einem Anstieg, der über den ursprünglichen Höhepunkt hinaus geht. Die Entwicklung pendelt immer von gut zu schlecht und wieder zurück – wobei die Definition von gut und schlecht vom jeweils eigenen Standpunkt und dem gewählten Maß abhängt. Aber es gilt, was meine Oma schon immer sprach: »Die Welt ist rund und alles kommt irgendwann wieder.« Dann bleibt nur die Frage, wie viel wir aus der Geschichte lernen und aus dem neuen Alten etwas besseres machen, als es früher war.