Leute, zieht Euch warm an, ich glaube, die Hölle ist gerade zugefroren. Ich habe eben eine E-Mail mit dem Betreff »CDU fordert ›Public Money? Public Code!‹ in Parteitagsbeschluss« bekommen und dachte gleich an Spam/Fake-News. Es heißt weiter:
Auf ihrem 32. Parteitag hat die CDU am Wochenende beschlossen, sich der Forderung der FSFE anzuschließen, dass mit öffentlichen Geldern entwickelte Software als Freie Software allen zugutekommen soll. Die »Public Money? Public Code!«-Kampagne der FSFE wird bisher von über 170 Organisationen und 26.000 Einzelpersonen unterstützt. Dank Ihrer Unterstützung ist die Forderung nun auch bei der CDU angekommen.
Aber tatsächlich steht in der Digitalcharta Innovationsplattform: D das Wort »Open-Source« drin. Nie hätte ich daran geglaubt, dass die CDU sich dafür aussprechen könnte. In dem Abschnitt Offenheit als Standard heißt es:
Die offenen und gemeinsam entwickelten Standards des Internets und die offenen Schnittstellen sind die Prinzipien, die wir für die Digitalisierung Deutschlands heranziehen. Nur durch Offenheit entsteht Wettbewerb, nur durch Offenheit können neue Akteure im Wettbewerb die Platzhirsche herausfordern. Deshalb gilt künftig für alle (öffentlichen) Digitalisierungsprojekte in Deutschland: Auftragsvergabe und Förderung sind an die Einhaltung der Prinzipien Open-Source und offene Standards gebunden. Durch öffentliche Mittel finanzierte Software soll allen Bürgern dienen. Zusätzlich sollen freie und offene APIs den Zugang für unabhängige Entwicklungen erleichtern. Deutschland stellt staatlich erhobene Daten ebenso wie die seiner Behörden und Tochterunternehmen als Open-Data (mit hoher Datenqualität und in maschinenlesbarer und -nutzbarer Form) über einen kostenlosen Service zur Verfügung, hierbei ist stets auf den Schutz der persönlichen Daten der Bürger zu achten.
Diese Offenheit verschiedener digitaler Komponenten wird als „Open-X“ bezeichnet. Nach diesem Prinzip sollen zukünftig alle Digitalprojekte des Staates funktionieren und in einem sogenannten „Open Public Repository“ veröffentlicht werden.
Diese Ankündigung kommt gerade rechtzeitig zu Jens Spans Digitalisierungsstrategie des Gesundheitswesen. Hoffentlich findet hier dieser neue Grundsatz seine Anwendung und die Apps der Krankenkassen werden als Open-Source entwickelt.
Nachfrage bei den anderen Parteien
Im Gespräch in der 90. Folge des Datenkanals über diesen Parteitagsbeschluss kam mir die Idee, auch die anderen Bundesparteien zu ihrer Einstellung zu befragen. Vielleicht beflügelt ja der Beschluss der CDU sie, sich ihm anzuschließen und ihn zu unterstützen. Daher habe ich am 10. Dezember 2019 folgende Anfrage an SPD (per Webformular), Grüne (per E-Mail), Linke (per Webformular) und FDP (per E-Mail) geschickt, aber von keiner Partei (Stand: Feb. 2021) eine Antwort erhalten.
Betreff: Ihre Meinung zur Open-X-Stategie der CDU
Sehr geehrte Damen und Herrn,
die CDU hat auf ihrem Parteitag in Leipzig am 23. November folgenden Beschluss gefasst (nachzulesen unter https://www.cdu.de/system/tdf/media/images/leipzig2019/2019-11-23-digitalcharta-innovationsplattform-d-beschluss.pdf?file=1):
• Offenheit als Standard
Die offenen und gemeinsam entwickelten Standards des Internets und die offenen Schnittstellen sind die Prinzipien, die wir für die Digitalisierung Deutschlands heranziehen. Nur durch Offenheit entsteht Wettbewerb, nur durch Offenheit können neue Akteure im Wettbewerb die Platzhirsche herausfordern. Deshalb gilt künftig für alle (öffentlichen) Digitalisierungsprojekte in Deutschland: Auftragsvergabe und Förderung sind an die Einhaltung der Prinzipien Open-Source und offene Standards gebunden. Durch öffentliche Mittel finanzierte Software soll allen Bürgern dienen. Zusätzlich sollen freie und offene APIs den Zugang für unabhängige Entwicklungen erleichtern. Deutschland stellt staatlich erhobene Daten ebenso wie die seiner Behörden und Tochterunternehmen als Open-Data (mit hoher Datenqualität und in maschinenlesbarer und -nutzbarer Form) über einen kostenlosen Service zur Verfügung, hierbei ist stets auf den Schutz der persönlichen Daten der Bürger zu achten.
Diese Offenheit verschiedener digitaler Komponenten wird als „Open-X“ bezeichnet. Nach diesem Prinzip sollen zukünftig alle Digitalprojekte des Staates funktionieren und in einem sogenannten „Open Public Repository“ veröffentlicht werden.
Die CDU beschreibt mit ihrer Idee von Open-X eine neue Art des Umgangs mit Daten und eine neue Form des Verhältnisses zwischen Anbieter und Nutzer: * Mit Open-Data und Open-Access im Wissenschaftsbereich entstehen für Bürger ganz neue Informationsquellen. * Durch die Verpflichtung zu offenen Standards wird es interessierten Anbietern möglich, Lösung ab vom Mainstream anzubieten. * Durch die Offenlegung der Quellen entsteht auch eine neue Form der Transparenz, indem der Staat seinen Bürgern die Möglichkeit einräumt, sich über sein Handeln zu informieren. Ein derartiger Vertrauensaufbau kann für die Zivilgesellschaft zum leuchtenden Vorbild werden.
Nun die Gretchen-Frage: Wie halten Sie es mit dieser neuen Idee von Open-X? Würden Sie die CDU hierbei unterstützen? Gibt es in Ihrer Partei ähnliche Beschlüsse oder sind ähnliche Beschlüsse in Vorbereitung?
Kennen Sie die Forderung »Public money, public code« der Free Software Foundation Europe (nachzulesen unter https://publiccode.eu/)? Können Sie sich mit dieser Forderung identifizieren? Was an dieser Forderung missfällt Ihnen?
Ich danke Ihnen, dass Sie sich Zeit für mein Anliegen genommen haben, und verbleibe mit der Hoffnung von Ihnen zu hören. Besonders würde ich mich darüber freuen, wenn ich Ihre Antwort veröffentlichen darf.
Mit freundlichen Grüßen
Jörg Sommer
Zweites Open-Data-Gesetz
Im Februar 2021 hat die Bundesregierung das zweite Open-Data-Gesetz beschlossen, das sämtliche Bundesbehörden (Agentur für Arbeit, Krankenkassen, die Deutsche Rentenversicherung sowie Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts) dazu anhält – nicht verpflichtet – ihre Daten zu veröffentlichen. Allerdings ist das Gesetz auch nur eine Umsetzung der EU-Richtlinie 2019/1024 und soll auch wenig ambitioniert in der Ausgestaltung sein.
Es ist gut, dass es diese Fortschritte bei der Veröffentlichung von Daten gibt, aber sie scheinen sich immer nur im Rahmen dessen zu bewegen, was äußere Zwänge erfordern und solange man dem Slogan »Daten sind das Erdöl der digitalen Wirtschaft« glaubt. Wenn das Öffnen der Datenbestände aber nur an ihrem Nutzen für die Wirtschaft gemessen wird, kommt nur die Hälfte dabei heraus und Behörden werden zu Datenbeschaffungsdienstleistern der Wirtschaft degradiert.