Die Situation um Corona bzw. Sars-CoV-2 ist vor allem auch ein Informationschaos. Nicht nur, dass die Politik sich in einigen Punkten uneinig und widersprüchlich verhält, so sind mir selbst schon deutliche Fehler in der Berichterstattung in den Medien aufgefallen. In der Öffentlichkeit scheint vieles von unvollständigen Informationen und dem unsicheren Umgang damit geprägt zu sein.

Das Buch Corona Fehlalarm? von Karina Reiß und Sucharit Bhakdi trägt sehr viele Informationen zusammen und liefert ein vielschichtiges Bild der Lage, als es sonst in den Hauptmedien und von der Politik geliefert wird. Das Buch scheint zwar mit einer gewissen Frustration über das Geschehene geschrieben zu sein und ist daher deutlich wider der Meinung der Politik, aber es zeigt einfach die Punkte auf, an denen einseitige Informationen und fragwürdige Interpretationen geäußert wurden.

Insofern geht das Buch genau das Problem des ungleichen Zugangs zu Informationen an, indem es eine Vielzahl von Quellverweisen zum Weiterlesen liefert, auf die man sonst nicht so leicht stößt, und Fragen aufwirft, die zum Nachdenken anregen. Natürlich ist das auch das Muster von Verschwörungstheoretikern und Whataboutism, aber ich hatte nicht den Eindruck, dieses Buch wolle eine Meinung verbreiten oder mich in eine andere Welt einhüllen. Schlicht und einfach stellt das Buch eine Meinung und Sichtweise auf die Situation dar, die die eigene Meinung und Sichtweise bereichern kann oder – und das kommt in den öffentlichen Medien zu kurz – einfach nur die Möglichkeiten liefert, weitere Informationsquellen zu konsultieren und die eigene Meinungsbildung zu ermöglichen.

Summa summarum sind in dem Buch sehr viele medizinische, epidemische, soziale, psychologische, … Informationen gegeben, die ein sehr vielfältiges Bild von der Gesamtsituation zeichnen. Bei allen Interpretationen stimme ich auch nicht zu, aber bei einem sehr großen Teil. Der Schreibstil ist sehr angenehm und flüssig, sodass ich das Buch wie im Flug gelesen habe. Allerdings ist die Informationsdichte auch sehr hoch und manche Punkte werden nur oberflächlich angerissen, sodass der Text an einigen Stellen zu überladen und gehetzt wirkt.

Am stärksten ist bei mir der Fingerzeig auf den wunden Punkt im Gedächtnis geblieben: »Wie sehr hat sich die Gesellschaft verändert, dass kein gesitteter Diskurs mehr möglich ist, dass Freundschaften zerbrechen und sich Menschen unversöhnlich gegenüberstehen?« Viele Themen zuvor wurden auch schon leidenschaftlich diskutiert, aber bei Corona ist die Polarisierung stärker geworden und die Fronten sind verhärteter als zuvor. Gerade das sollte uns zu denken geben, dass wir die Fähigkeit zu einem gesittetes Miteinanderauskommen verloren haben und andere Meinungen nicht mehr tolerieren und aushalten können. Diesen Spiegel hält uns gerade dieses kleines Virus vor, aber viele verschließen die Augen vor dem Bild.