Der Rechtsanwalt Wolfgang Gottwald hat einen interessanten Beitrag über Tik Tok und das Urheberrecht verfasst, bei dem sich mir gleich zweifach die Haare zu Berge stellen.
Zum einen beschreibt er Tik Toks Dreistigkeit, sich über einen Passus in den AGB aus der Verantwortung für das Urheberrecht der bereitgestellten und verbreiteten Werke zu ziehen. Dem Nutzer werden kleine Musikstücke für Karaokevideos angeboten, aber die Klärung der Nutzungsrechte mit den Urhebern der Musik dem Nutzer überlassen. Tik Tok stellt also eine hübsche Auswahl funkender Messer bereit, aus der der Nutzer anschließend wählen darf, in welches er laufen möchte.
Zum anderen enthält der Beitrag aber auch folgenden Teil:
Hätten die Urheber höhere Einnahmen, wenn es Tik Tok nicht gäbe? Vermutlich nicht. Tik Tok nimmt den Rechteinhabern daher nichts weg, was sie ohne Tik Tok hätten, sondern es enthält ihnen lediglich etwas vor, worauf sie dank Tik Tok eigentlich Anspruch hätten.
Bei so einer Konstellation wäre es für die Urheberrechtsinhaber kontraproduktiv, Tik Tok zu „eliminieren“. Vielmehr muss man versuchen, dass man von dem Topf, den Tik Tok da neu geschaffen hat, einen angemessenen Teil abbekommt.
Da habe ich nicht schlecht mit den Ohren geschlackert: Wie raffgierig ist das denn? Der Betrieb für Server u. s. w. wird von Tik Tok übernommen, also der Teil der Arbeit, bei dem der Mehrwert bei diesem Produkt entsteht. Die Künstler wären hier reine Trittbrettfahrer, die den Erfolg von Tik Tok für sich gewinnbringend ausnutzen wollen. Ich halte das nicht für angemessen.
Wenn den Künstlern diese Form der Nutzung ihrer Werke nicht zusagt, sollten sie diese unterbinden, aber nicht ausnutzen. Außerdem sollte die Forderung nicht lauten, Geld von Tik Tok abzuziehen, sondern es muss kritisiert werden, dass Tik Tok so viel verdient. Der Betrieb der Technik und die Erstellung der Software verschlingen nicht Millionen oder Milliarden, die vermutlich eingenommen werden.
Cool wäre, wenn Tik Tok Musik von Künstlern nutzte, die unter Creative-Commons-Lizenz veröffentlichen, und sie somit auch einem größeren Publikum bekannt machte. Dazu eine ordnungsgemäße Verlinkung zu deren Seiten mit ihrer kompletten Musik, womit mancher Künstler ein Chance auf mehr Einnahmen hat.