Ich bin auf den Text The Relativity of Wrong1 gestoßen und kann den sehr empfehlen. Die Autor Isaac Asimov beschreibt die Entwicklung von wissenschaftlichen Theorien am Beispiel der Gestalt der Erde von einer Scheibe bis hin zu einer gequetschten und verbeulten Kugel.
Wissenschaftliche Theorien verlaufen nicht sprunghaft, sondern erfahren immer kleine Anpassungen. Dabei kommt es zu einer Phase mit vielen Anpassungen, die für Außenstehende die Veränderungen oft sprunghaft erscheinen lassen, aber am Ende nähert sich das Verständnis der Welt immer mehr dem Fixpunkt, einer soliden Theorie an.
Viele Theorien sind auch einfach von den technischen Möglichkeiten geprägt: erst Satelliten haben es ermöglicht, die Erde im Ganzen zu vermessen, und Experimente auf atomarer Ebene haben zur Quantentheorie geführt. Daher ist eine Theorie auch immer ein Spiegel des Stands der Werkzeuge in der jeweiligen Zeit.
Über die Zeit hin ist dann zu beobachten, dass die Qualität der Theorien immer mehr zunimmt und sie immer exakter die gemachten Beobachtungen beschreiben. Ein Richtig (100 % Übereinstimmung von Theorie und Praxis) und Falsch (0 % Übereinstimmung) sind nur fiktive Grenzen bei der Bewertung von Theorien und viel besser wäre das Bild eines Kontinuums, in dem sich Theorien nach dem Grad der Abdeckung mit der Realität einordnen.
Die absoluten Extreme von richtig und falsch gibt es nur in der Mathematik. Diese ist von Grund auf so angelegt, dass sie klare Entscheidungen ermöglicht. In der realen Welt, sind diese Entscheidungen und Standpunkte – insbesondere der Begriff der Wahrheit – aber großteils nicht so klar wie in der Mathematik möglich.
Ein Mensch sieht ein und das ist wichtig,
Nichts ist ganz falsch und nichts ganz richtig.(Eugen Roth)
Den Verlauf könnte man mit einer stückweise definierten Funktion der Form f(x) = (e^(a*x))/2 [für x≤0]; (1-e^(-a*x))/2 [für x≥0] beschreiben, wobei man mit a die Steilheit des Übergangs bestimmen kann. Insbesondere ergibt sich für den Aha-Moment bei a=1 eine 100 %ige Steigung, die man als radikalen Umschwung, eine 90°-Wende, deuten könnte.
Die Kurve könnte im Großen, wie im Kleinen gelten, als sowohl für einzelne Theorie (z. B. Form der Erde, Atommodell) als auch für die Gesamtbeschreibung des Wissens über die Welt. Die globale Kurve ist also eine Summe von Kurven, die ebenso verlaufen.
Die Kurve könnte auch den Verlauf von Innovationen beschreiben: junge Unternehmen sind zu beginn sehr innovativ und breiten sich am Markt aus, später werden sie träge und gehen in eine Sättigungsphase.