Ich habe gerade im Radio wieder von einem Hörer die Aussage gehört: »Konzerne bauen die Geräte so, dass sie nach der Garantie kaputt gehen.« Dieser Satz selbst ist zweideutig, denn die Tatsache, dass Geräte wesentlich früher ausfallen, als man erwarten würde bzw. als ähnliche[^](Nicht nur die Produkte, auch die Technik hat sich verändert und ist inhärent anfälliger geworden.) Geräte vor Jahrzehnten noch gehalten haben, hat sicher jeder schon selbst beobachtet.

Allerdings steckt in diesem Satz auch eine zweite Bedeutung, die mit dem Ausdruck geplante Obsoleszenz deutlicher hervortritt: die Behauptung, Unternehmen würden sich aktiv dafür einsetzen, dass ein Gerät kaputt geht. Dem würde ich klar widersprechen. Viel mehr gilt »Unternehmen setzen sich nicht dafür ein, dass ein Gerät nicht kaputt geht.« In dieser doppelten Verneinung steckt nämlich eines schlüssigere Erklärung als der Glaube an böse Mächte, die ständig danach trachten, Schaden anzurichten.

Der Kern ist die Frage, ob man dem anderen »Faulheit oder Boshaftigkeit« unterstellt und die Weisheit lautet »Unterstelle nie einen bösen Willen, wenn es auch Dummheit seien könnte«. Ich selbst war schon an einer Produktentwicklung beteiligt, bei der ich die Mechanismen gut beobachten konnte. Der Kostendruck, also das ökonomische Prinzip mit möglichst wenig Aufwand das Ziel zu erreichen, führt dazu, dass auch nur das Nötigste getan wird, um die Mindestanforderungen zu erreichen. Im Konkreten ist die Mindestanforderung die gesetzliche Gewährleistungspflicht.

In das angesprochene Gerät sollte eine SD-Karte zur Datenspeicherung eingebaut werden und bei mehreren Karten im Angebot und einer Abwägung der benötigten und gebotenen Schreibrate hat man sich für die preiswerteste Karte entschieden, die gerade so zwei Jahre halten sollte. Es wird also knapp auf Kante geplant und deshalb entsteht der Bruch sehr häufig kurz nach der Grenze der Mindestanforderung.

Der Glaube an böse Mächte, mag zwar entlastend für das Individuum sein,[^](so wie man früher an einen Gott Thor glaubte, der die große Trommel beim Gewitter schlägt, anstatt den komplizierten Vorgang von Ionisierung der Luft bei der Entladung im Spannungsfeld einer Gewitterwolke zu verstehen) aber er verhindert auch ein Handeln gegen das Problem. Mit einer Gottheit oder einer bösen Macht mag sich niemand anlegen und damit liegt die Hürde so hoch, dass nur Verrückte Anlauf nehmen.

Viel wichtiger wäre, immer wieder zu betonen, dass Unternehmen auch nur Getriebene der ökonomischen Prinzipien sind und schlicht und einfach Geld kein Gewissen hat – Geld denkt nicht ganzheitlich und über den Tellerrand hinaus. Unternehmen und Kapital denkt und handelt sehr primitiv – genau das ist sein Vorteil: die Reduktion der Handlungsoptionen auf die ökonomischen Prinzipien.

Wenn man dieses Verständnis für den Produzenten aufbringt und ihn nicht als Bösewicht, sondern als Knecht seiner Lehren sieht, wird man selbst wieder handlungsfähig und kann genau Maßnahmen – leider ist dazu oft die Politik notwendig – ergreifen, die auch die ökonomischen Zwänge der Unternehmen beachten.

Ich würde gemeiner weise auch sagen, dass die Behauptung einer geplanten Obsoleszenz auch deshalb gern erzählt wird, weil damit eine riesige Kraft dafür verantwortlich gemacht wird und sich das Individuum ganz locker mit dem Verweis auf »gegen Götter kann man nicht kämpfen« zurücklehnen kann.