Der Beitrag »Rassismus: Die ukrainische Babysitterin« analysiert unser westeuropäisches Verständnis von Rassismus im Vergleich zum Rassismus in den USA und zeigt an mehreren Punkten auf, weshalb für uns der Rassismus eine andere Form hat.
Während in den USA sich Ausgrenzung und Abwertung an äußerlichen Merkmalen wie der Hautfarbe orientiert, gibt es bei uns in Europa keine so deutlichen Merkmale, an denen sich die anderen erkennen lassen. In Europa nimmt der Rassismus in Form des Antisemitismus sogar die groteske Form an, »dass seinen Opfern gerade keine kulturelle Unterlegenheit oder Primitivität zugeschrieben wird, sondern im Gegenteil eine heimtückische Überlegenheit, Raffinesse, sagenhafter Reichtum und hintergründige Macht.«
Der Rassismus in Westeuropa ist viel mehr gegen Osteuropäer gerichtet, die als dreckig, liederlich, faul und ungebildet betrachtet und für niedrige Arbeiten beschäftigt werden. Dieses Antislawische soll auch in Hitlers Überfall auf Polen und die Ukraine und den Russlandfeldzug zum Ausdruck kommen, der wie eine Kolonialisierung Osteuropas gewesen seien soll. Unter anderem gab es wohl im Hochmittelalter einen Sklavenmarkt in Magdeburg, auf dem Osteuropäer gehandelt wurden.
Diese Analyse zeigt, dass Rassismus und allgemein Diskriminierung wesentlich tiefsitzendere Wurzeln haben als es scheint, weshalb sie auch recht subtil und unscheinbar daherkommen. Die strukturellen Unterschiede durch die Folge der Trennung der kapitalistischen und der sozialistischen Systeme verfestigt noch diese Vorurteile, wobei wir Deutschen ja auch Südeuropäer als faul abwerten.
Ich denke, Rassismus ist nur ein Teil des großen Problems von Diskriminierung und muss als Ganzes angegangen werden: Frauen, Homosexuelle, Menschen aus anderen Ländern, Menschen mit Behinderungen, Anhänger anderer Religionen u. s. w. haben qua ihrer Existenz das Recht auf einen würdigen Umgang. Diskriminierung ist meiner Meinung nach vielfach ein Ausdruck von fehlendem Selbstwertgefühl und Anerkennung. Menschen erniedrigen andere Menschen, um selbst nicht unten zu sein. Daher sollte Antidiskriminierung auf beiden Seiten ansetzen: Bei Täter hinterfragen, warum er es (unbewusst) tut, und beim Opfer, ihm die nötige Anerkennung zu geben.