Verkehrswende: »Die Begeisterung der Boomer fürs Auto war legitim« bei Zeit-Online.

Eine Mobilitätswende bzw. eine Reduktion der Autos krankt meiner Meinung nach zum einen am strukturellen Problem, dass die Städteplaner in autogerechten und funktionell getrennten Städten denken: Stadtteile sind über die Jahrzehnte so separiert worden, dass man Wohnen, Arbeiten und Konsumieren/Leben voneinander trennt. Da aber alle Bereiche so individuell (geworden) sind, scheitert eine allgemeine Verbindung über einen ÖPNV an der Verknüpfung und der Individualverkehr wird fast zwingend – ein Umstand, den die Erfinder der autogerechten Stadt nicht vorhergesehen haben.

Einfach das Auto abschaffen ist auch für viele der Generationen Y und Z in Städten nicht möglich, weil sie ihre Arbeitsstelle zur Früh-/Spätschicht am Stadtrand oder in der Nachbarstadt sonst nicht erreichen. Und den Wocheneinkauf im Wohnviertel erledigen, geht auch oft nicht, weil der Supermarkt mit dem Komplettangebot auf der grünen Wiese vor der Stadt gebaut wurde.

Zum anderen leidet die Abkehr vom Auto an einem psychologischen Problem: Im Duktus der Aufbruchszeit der 60er-Jahre verkörpert das Auto immer noch die individuelle Freiheit. Schaut man sich aktuelle Autowerbung an, sind die Autos allein auf der Straße – rundherum nichts oder staunende Menschen. Autos symbolisieren den Individualismus/das „Zentrum der Welt“ und wurden immer als Schlüssel zur Freiheit verkauft – ein Ideal, dass sich nie in den verstopften Innenstädten bei der Parkplatzsuche erfüllte. Und damit müssen die Leute zurechtkommen: Sie wurden die ganzen Jahre als Projektionsfläche für idealisierte Träume missbraucht und haben Zehntausende von Euros für eine Illusion ausgegeben, die es nicht gibt – und Enttäuschung tut weh.

Kurz gesagt: Der homo oeconomicus würde im Autohaus nichts kaufen. Der Mensch aber tut es und das muss einen Grund haben; struktureller und psychologischer Zwang.

Ergänzend zum Thema individuelle Freiheit auf der Straße auch die Fragen:

Dieses Verhalten beruht also nicht auf rationalen Gründen, sondern vor allem auf psychologischen – im Bild des Autos als Symbol für die individuelle Freiheit.

Weiteres

Interessant zum Thema Verkehrswende ist auch das Gespräch »Lösen Drohnen und autonome Autos die Verkehrsprobleme der Großstadt?«.