Hier einige treffende Ausschnitte aus einem Gespräch über »Klima-Krise und Corona spalten Gesellschaft: Die Todsünde Hochmut« mit Pater Anselm Grün:

Obwohl sich das Bewusstsein, dass es kein „Weiter so“ geben kann, auch dank der Fridays-for-Future-Bewegung mehr und mehr durchsetzt, wäre es naiv zu glauben, dass das Coronavirus, diese große Kränkung, zu einem neuen, gesünderen Verhältnis zwischen Mensch und Natur führen wird. […] Doch selbst im Fallen scheint der Hochmütige unfähig zur Reflexion zu sein, denn die Selbstüberhöhung ist sein Lebenselixier. […] Hochmut macht einsam. Man kennt diese Verhärtung aus Diskussionen, in denen sich der Ton mit jedem Satz hochschaukelt, weil keiner bereit ist, dem anderen wirklich zuzuhören, in dessen Schuhe zu schlüpfen.

Der Text der FAZ wirkt irritierend, denn um Pater Grüns Kritik an der Arroganz des Menschen, an dessen Irrglaube, alles mit Technik beherrschen zu können, und an seiner mangelnden Demut vor der Natur und dem Leben baut der Verfasser die Lobhudelei der Corona-Politik. Dabei sehe ich den wesentlichen Inhalt in den Darlegungen Pater Grüns.

In zu vielen Punkten hat sich die Gesellschaft in den letzten Jahren als überheblich gegenüber der Natur, dem Leben und sich selbst gezeigt. Der Umgang mit der Natur wie einem immer gefüllten Selbstbedienungsladen wird uns beim Klima und der Umweltverschmutzung große Probleme bereiten. Selbst jetzt in der Pandemie hat der Müllzuwachs im Jahr um weitere 4 % zugelegt – nichts mit klarem Wasser und Delfinen in Venedig, Masken finden sich immer häufiger verstreut in der Flur und jeder Corona-Test landet nach zehn Minuten im Hausmüll, der nicht recycled, sondern verbrannt wird.

Unsere Arbeits- und Lebensweise hat uns die letzten Jahrzehnte immer mehr zu dem Irrglauben getrieben, wir könnten die Freuden des Lebens für später aufsparen. Corona ist dafür eine herbe Kränkung, denn es zeigt uns: »Manchmal wird aus später nicht jetzt, sondern nie«. Wer (dem Versprechen des Neoliberalismus') glaubt, im Ruhestand mit dem Leben beginnen zu können, dem führt Corona bitter vor Augen, dass die Momente, die man nicht genutzt hat, vergangen sind – und wer heute nicht weiß zu leben, wird auch morgen dazu nicht fähig sein. Das Klammern an die Zeit irgendwann hilft nichts … niemand kann garantieren, dass es sie geben wird. Doch das will der Mensch in seiner Selbstüberhöhung nicht wahrhaben und fährt alle technischen Mittel auf, um sich gegen die Realität zu stemmen … bis hin zum Transhumanismus.