- Übersicht zum Lehrplan für Mathematik an Thüringer Regelschulen
- Lehrplan für Mathematik
- Material für Funktionen zum Thüringer Lehrplan
- Beispielaufgaben
Allgemeiner Funktionsbegriff
@definition()
Als eine Funktion (oder Abbildung) bezeichnet man eine Vorschrift, die jedem Element des Definitionsbereichs genau ein Element des Wertebereichs zuordnet.
Endliche Funktionen
Schematische Darstellung
Beispiel I
- konkretes Beispiel
- alternative Darstellung:
- die Zuordnungen in einer Tabelle aufschreiben ⇒ Wertetabelle
- die Zuordnungen in einem Diagramm einzeichnen ⇒ grafische Darstellung
Gegenbeispiel I
- kursive Texte in der Definition sind wichtig
- Schematische Darstellung: (1,1), (2,2), (3,–), (4,4); TODO: Bild
Wertetabelle:
1 2 3 4 1 2 4 Grafische Darstellung: TODO: Bild
Dies ist keine Funktion, da nicht jedem Element des Definitionsbereichs ein Element des Wertebereichs zugeordnet ist.
Später ist diese Feinheit wichtig, da nicht alle Funktionen (z. B. \frac{1}{x}, √x) überall berechenbar sind, weshalb man den Definitionsbereich einschränken muss.
Gegenbeispiel II
- Schematische Darstellung: (1,1), (1,2), (2,2), (3,3), (4,4); TODO: Bild
Wertetabelle:
1 1 2 3 4 1 2 2 3 4 Grafische Darstellung: TODO: Bild
Dies ist keine Funktion, da einem Element des Definitionsbereichs mehr als ein Element des Wertebereichs zugeordnet ist.
Beispiel II
- Schematische Darstellung: (1,1), (2,1), (3,1), (4,1); TODO: Bild
Wertetabelle:
1 2 3 4 1 1 1 1 Grafische Darstellung: TODO: Bild
@definition()
Als eine konstante Funktion bezeichnet man eine Funktion, die allen Elementen des Definitionsbereichs das selbe Element des Wertebereichs zuordnet.
Beispiel III – Schachbrett
- Schematische Darstellung: (1,1), (2,2), (3,4), (4,8), …, (64, …); TODO: Bild
Wertetabelle:
1 2 3 4 … 64 1 2 4 8 … … Grafische Darstellung: TODO: Bild
Beispiel IV – Tafelwerk
Als Tafel wurde früher auch eine Tabelle bezeichnet; Wiktionary. Daher kommt der Name Tafelwerk als Sammlung von Tabellen.
- Bilder aus dem Tafelwerk zeigen und das Ablesen erklären. Extrem: Doppeltafel 13
- Aufgabe: 10 Werte in eine einfache Wertetabelle übertragen und die Funktion dazu grafisch Darstellen und mit der Zeichenschablone überprüfen
Beispiel V – Abbe-Diagramm
TODO: Abbe-Diagramm einbinden
- komplizierte Darstellung einer Funktion, die einem Paar von Zahlen (Abbe-Zahl (Dispersion) horizontal, Brechungsindex vertikal) eine Glassorte zuordnet (z. B. BK7 ist Fensterglas)
- nicht prüfungsrelevant, aber fürs spätere Leben
- Interaktives Abbe-Diagramm | SCHOTT
Allgemeine/unendliche Funktionen
schematische Darstellung und Wertetabelle nur für kleine (< 1 Mio.) und endliche (Problem mit ℝ) Mengen möglich
allgemeine Schreibweise von Funktionen:
Beispiel | Gleichung | Def.-B. | Werteb. |
---|---|---|---|
I | f: x↦2x o. f(x) = 2x |
ℕ o. ℝ | ℕ o. ℝ |
II | g: x↦1 oder g(x) = 1 |
ℕ o. ℝ | ℕ o. ℝ |
III | h: x↦2^x oder h(x) = 2^x |
ℕ o. ℝ | ℕ o. ℝ |
- Teile in der Tabelle entsprechend einfärben
- Definitions- und Wertebereich werden auch mit
f: ℝ→ℝ
(ohne Strich) dargestellt - Aufgabe: f, g, h in einem Koordinatensystem grafisch darstellen
Aufgabe I
Zu den Wertetabellen jeweils die Funktionsgleichung, die fehlenden Werte, den DB und WB ermitteln und die Funktion grafisch skizzieren.
−2 | −1 | 0 | 1 | 4 | 10 |
---|---|---|---|---|---|
−2 | 0 | 10 |
- Funktionsgleichung:
f(x)=x
- DB: ℝ
- WB: ℝ
- grafische Darstellung: TODO
Aufgabe II
−4 | −2 | −1 | 0 | 1 | 4 | 10 |
---|---|---|---|---|---|---|
2 | 1 | 0 | −2 |
- Funktionsgleichung:
f(x)=−\frac{x}{2}
- DB: ℝ
- WB: ℝ
- grafische Darstellung: TODO
Aufgabe III
−4 | −2 | −1 | 0 | 1 | 4 | 10 |
---|---|---|---|---|---|---|
4 | 1 | 1 | 10 |
- Funktionsgleichung:
f(x)=|x|
- DB: ℝ
- WB: f(x)∈ℝ und f(x)≥0 ⇔ ℝ_0
- grafische Darstellung: TODO
Aufgabe IV
−2 | −1 | 0 | 1 | 4 | 6,25 | 9 | 16 | 25 |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
1 | 2 | 4 |
- Funktionsgleichung:
f(x)=√x
- DB: ℝ_0
- WB: ℝ_0
- grafische Darstellung: TODO
Aufgabe V
- Funktionsgleichung:
f(x)=x²
−4 | −2 | −1 | 0 | 1,5 | 4 | 9 |
---|---|---|---|---|---|---|
- DB: ℝ
- WB: ℝ_0
- grafische Darstellung: TODO
Aufgaben VI – von Schülern
Jeweils 2 Schüler denken sich eine Aufgabe aus und schreiben sie an die Tafel, alle anderen lösen sie. Ziel: Schüler müssen sich in die Aufgabenstellung eindenken.
Aufgabe VII – Polstelle
- Funktionsgleichung: ein Teil der Klasse
f(x)=\frac{1}{x}
, der andere Teilf(x)=\frac{1}{x²}
−4 | −2 | −1 | 0 | 1,5 | 4 | 9 |
---|---|---|---|---|---|---|
- DB: ℝ∖{0} (ohne 0)
- WB: ℝ∖{0} bzw. ℝ+ (f(x)>0)
- grafische Darstellung: TODO
Beispiel I – Digitales/Binäres Signal
Diese Aufgabe ist dazu gedacht, dass die Schüler die Folge erraten und um zu zeigen, dass es noch mehr als die hier gezeigten Funktionen gibt.
0 | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 |
---|---|---|---|---|---|---|---|
0 | 0 | 1 | 1 | 0 | 1 |
- Funktionsgleichung:
f(x)=???
in der Realschule nicht möglich (stückweise def. Funktion) - DB: x∈ℝ
- WB: f(x)∈{0,1}
- grafische Darstellung mit Sprungstellen
- ⇒ binäres Signal
Wichtige Eigenschaften von Funktionen
- allgemeine Funktionsgleichung
- Grundfunktion
- grafische Darstellung
- Definitionsbereich, Wertebereich
- Schnittpunkt mit der y-Achse: Berechnung durch
f(0)
- Schnittpunkt mit der x-Achse/Nullstelle: Berechnung durch
f(x)=0
- Markante Punkte der Grundfunktion
- Symmetrien: Punktsym. zu (0,0)
f(x)=-f(-x)
oder Achsensymmetrie zu x=0f(x)=f(-x)
Monotonieverhalten: TODO Für alle x-Werte des Definitionsbereichs mit x1 < x2 ist die Funktion monoton wachsend, wenn f(x1) ≤ f(x2) gilt. Bei einer streng monoton wachsenden Funktion gilt f(x1) < f(x2). Bei einer monoton fallenden Funktion ist f(x1) ≥ f(x2) erfüllt und für streng monoton fallend muss f(x1) > f(x2) sein. Das Monotonieverhalten kann für die gesamte Funktion gelten oder wird für einzelne Funktionsabschnitte bestimmt.
Bild von Monotone reelle Funktion
- asymptotisches Verhalten
Motivation: »Wofür braucht man das im Leben?«
Das Prinzip Ausgangsmenge, Vorschrift, Ergebnis (Tafel: schematische Darstellung) taucht ganz oft im Leben auf: (Tafel: Anpassung der Definition + in schematischer Darstellung zuordnen)
Justiz: »Als ein Gesetz bezeichnet man eine Vorschrift, die jeder Straftat des Geltungsbereichs (genau) eine Strafe des Wertebereichs zuordnet.«
StGB § 328 »Unerlaubter Umgang mit radioaktiven Stoffen und anderen gefährlichen Stoffen und Gütern« Absatz 2, Nr. 3 (seit 1998): Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine nukleare Explosion verursacht.
Küche: »Als ein Kuchenrezept bezeichnet man eine Vorschrift, die beschreibt, wie aus einer Menge von Zutaten ein bestimmter Typ von Backwaren erstellt wird.«
IT: »Als einen Algorithmus bezeichnet man eine Vorschrift, die zu jeder Eingabe genau ein Ergebnis berechnet.« (EVA-Prinzip)
Mathematische Funktionen nur stellvertretend für dieses Prinzip. Ziel: Anhand der (präzisen) Funktionen in der Mathematik soll die Kompetenz im Umgang mit Vorschriften und Regelwerken geübt werden.
Wichtig ist z. B. die drei Teile zu erkennen und zu trennen; zu erkennen, dass jede »Funktion« nur für einen bestimmten »Definitions-/ Geltungsbereich« angewendet werden darf: Diebstahl nicht mit der StVO, Zement+Sand+Wasser nicht für Rüherkuchenrezept
Eigenschaften von »Funktionen«:
- Monotonie/Gleichmäßigkeit einer Funktion, Fairness eines Gesetzes
- Verhalten gegen 0 oder ∞, Auswirkungen eines Gesetzes für Arme und Reiche
- Umkehrfunktion: Anhand der Strafe auf die Tat schließen, vom Kuchen auf die Zutaten nicht möglich
- Linearität: Doppelter Kuchen ⇒ doppelte Zutaten; anders beim Bremsen des Autos: Strecke 100→0 ≠ 2 * Strecke 50→0
Konstante Funktionen
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Als eine konstante Funktion bezeichnet man eine Funktion der Form f(x)=c mit c∈ℝ, die allen Elementen des Definitionsbereichs das selbe Element c des Wertebereichs zuordnet.
Nebenbemerkung: Hier zeigt sich das Baukastenprinzip der Mathematik, indem die Definition der konstanten Funktion auf der Definition der Funktion aufbaut.
Beispiel I
Wertetabelle
−5 | −1 | 0 | 2 | 6 |
---|---|---|---|---|
1 | 1 | 1 | 1 | 1 |
Grafische Darstellung
Funktionsgleichung
f(x) = 1
Beispiel II
Wertetabelle
−5 | −1 | 0 | 2 | 6 |
---|---|---|---|---|
−5 | −5 | −5 | −5 | −5 |
Grafische Darstellung
Funktionsgleichung
f(x) = −5
Wichtige Eigenschaften
- Funktionsgleichung:
f(x)=c=c·1=c·x⁰
- Grundfunktion:
f(x)=0
- grafische Darstellung: Linie parallel zur x-Achse
- Definitionsbereich: x∈ℝ
- Wertebereich: f(x)∈{c}
- Schnittpunkt mit der y-Achse:
f(0)=c
- Schnittpunkt mit der x-Achse/Nullstelle: für
c=0
überall, fürc≠0
keine - Markante Punkte: keine
- Symmetrien: Achsensymmetrisch, da
f(x)=c=f(-x)
- Monotonieverhalten: monoton fallend und steigend, aber nicht streng monoton
- asymptotisches Verhalten: —
Lineare Funktion
@definition()
Als eine lineare Funktion bezeichnet man eine Funktion der Form f(x)=mx+n, wobei der größte Exponent der Variablen x den Wert 1 hat und m,n∈ℝ mit m≠0 feste Werte sind. Die Grundfunktion lautet f(x)=x (m=1, n=0).
In der grafischen Darstellung (im Koordinatensystem) sind lineare Funktionen immer eine Gerade. Das heißt, zum Zeichnen sind nur zwei Punkte notwendig; einfach einsetzen, z. B. f(0) und f(1).
Der Wert n bestimmt den Schnittpunkt mit der y-Achse bzw. die Verschiebung entlang der y-Achse.
⇒ Illustration mit Geogebra Lineare Funktion.ggb (m ausblenden mit blauem Punkt)
@definition()
Als den Anstieg m einer linearen Funktion bezeichnet man die Änderung der Funktion entlang der y-Achse pro Änderung auf der x-Achse. Schreibt man m als gewöhnlichen Bruch , so kann man daran das Anstiegsdreieck ablesen: der Zähler Δy entspricht der Dreiecksseite entlang der y-Achse und der Nenner Δx entspricht der Dreiecksseite entlang der x-Achse.
⇒ Illustration mit Geogebra Lineare Funktion.ggb; zeigen, warum m=0 keine lineare Funktion ist, ist konstant
Lineare Funktionen (Mathe-Song) - YouTube
Wichtige Eigenschaften
- Funktionsgleichung:
f(x)=mx+n=m·x¹+n
- Grundfunktion:
f(x)=x
(m=1, n=0) - grafische Darstellung: diagonale Linie
- Definitionsbereich: x∈ℝ
- Wertebereich: f(x)∈ℝ
- Schnittpunkt mit der y-Achse: Berechnung durch
f(0)=n
- Schnittpunkt mit der x-Achse/Nullstelle:
f(x)=0 ⇒ x=−\frac{n}{m}
- Markante Punkte der Grundfunktion: (0,0), (1,1)
- Symmetrien der Grundfunktion: Punktsymmetrisch
f(x)=-f(-x)
- Monotonieverhalten: streng monoton steigend, falls m>0; streng monoton fallend, falls m<0; unabhängig von n
- asymptotisches Verhalten: ±∞
Aufgabe I
Tabelle ausfüllen und in ein Koordinatensystem 4 Funktionen davon zeichnen. Die Ergebnisse dem Nachbarn zur Kontrolle geben.
m | n | ausführliche Fnkt. | kompakte Fnkt. | Monotonie | Symmetrie |
---|---|---|---|---|---|
3 | 2 | 3·x+2 | 3·x+2 | steigend | — |
1 | 0 | 1·x+0 | x | steigend | pkt (0,0) |
2x | |||||
x+7 | |||||
4 | −3 | ||||
−2x+0,5 | |||||
fallend | |||||
fallend | |||||
fallend | |||||
steigend | |||||
steigend | |||||
steigend |
Aufgabe II – Achsenschnittpunkte
Für mindestens die 4 gezeichneten Funktionen aus den vorherigen Übungen die NST und SS mit y-Achse berechnen und mit der Zeichnung vergleichen. Für die weiteren Funktionen mit dem Nachbarn vergleichen.
Motivation: Sachaufgaben
- Ziele (Tafel: schematisch Text/Welt→Formel/Werkzeugkasten):
- relevante von irrelevanten Informationen unterscheiden (Problemanalyse)
- realweltliche Problembeschreibung in Form einer Erzählung in eine mathematische Beschreibung überführen
- für einen selbst: zu lernen, das Wesen seiner Gedankengänge zu erkennen und präzise zu formulieren; z. B. für Anfragen bei einer Suchmaschine
- Beispiele:
- typisch in der Problemanalyse im Projektmanagement: Kunde hat Wünsche und PM muss überlegen, wie er sie umsetzen kann
- Verkauf: Kunde kommt in den Laden und Verkäufer muss aus den Wünschen das passende Produkt zuordnen
- Support-Hotline: aus der Beschreibung heraushören, was das Problem ist
- platt gesagt, geht es darum, die Welt zu verstehen und mit einen eigenen Mitteln bearbeiten zu können
Exkurs: Verwirrende Sachaufgaben
- lineare Gleichungssysteme benötigt
- Aufgabe: Eine Mutter ist 21 Jahre älter als ihr Kind. In 6 Jahren wird das Kind fünfmal jünger sein als die Mutter. Wo ist der Vater?
- M = K + 21, K+6 = (M+6)/5, 5*(K+6) = K+21+6, 5K+30 = K+27, 4K=-3, K=-9 Monate
- Ziel solcher komischen Aufgaben ist nicht der Inhalt, sondern die psychologische Wirkung: Verlust der Angst vor komplizierten Dingen; Wille und Zuversicht sich durchzukämpfen
Aufgabe III – Zinsen
Formel für Zinsberechnung und Kapital abfragen
»Ein Guthaben von 1 000 € wird zu einem Zinssatz von 2 % p. a. (ohne Zinseszins) angelegt.«
- Wie lautet die Funktion zur Beschreibung des Zinsvermögens in Abhängigkeit der Jahre? ⇒ f(x)=1000·0,02·x=20x
- Wie lautet die Funktion für die Kapitalentwicklung (Guthaben mit Zinsen)?« ⇒ f(x)=1000·0,02·x+1000=1000·(0,02·x+1)
- Wann erreicht man ein Gesamtkapital von 1100 €? ⇒ f(x)=1000·0,02·x+1000=1100, 20·x=100, x=5
- Stelle beide Funktionen in einem Koordinatensystem dar und kennzeichne den Punkt der Marke von 1100€.
Aufgabe IV – Mannjahre
»Um den Klassenraum neu zu malern, benötigen zwei Schüler 120 Minuten. Mit vier Schülern sind es 80 Minuten.«
- Welche lineare Funktion für das Verhältnis Schüleranzahl zu Arbeitsdauer lässt sich aufstellen? ⇒ TODO
- Mit wie vielen Schülern wäre man sofort fertig? ⇒ TODO
- Wie groß ist das Arbeitsvolumen am Anfang?
- Für wie realitätstreu schätzt du diese Funktion ein? (kommt in Prüfungen dran)
- nur in einem begrenzten Bereich, da die Zeit nicht negativ seien kann
- begrenzt sinnvoll, da mehr Personen nicht zu schnellerer Arbeit führen, sondern sich eher im Wege stehen; Mannjahr-Irrtum im Projektmanagement; Fehler: Annahme eines linearen Zusammenhangs, reale Welt ist aber komplizierter
- unter Beachtung dieser Einschränkungen genügt eine lineare Funktion aber meist als Approximation
Aufgabe V
»Familie Schulz lässt beim jährlichen Herbstputz des Gartens die grüne Regentonne mit 500 Liter ab, um sie vor Frostschäden zu schützen. Bei vollständiger Öffnung fließen durch den Hahn 20 Liter pro Minute.«
- Welche Funktion beschreibt die Wassermenge im Fass und nach welcher Dauer ist das Fass leer?
Einschub: Prüfungsaufgaben im Internet
- Frag sie Abi: Verschlusssache Prüfung - FragDenStaat
- Übersicht zum Lehrplan für Mathematik an Thüringer Regelschulen
- Beispielprüfung für den Realschulabschluss
- Orientierungsaufgaben für den Realschulabschluss ab 2019
Beispiel I – Verschiebung des Rotationszentrum (fortgeschritten)
Bei der Variation von m für f(x)=mx drehte sich die Gerade um den Punkt (0,0). Wie kann man die Drehung um den Punkt (1,1) erreichen?
- Verschiebung der Geraden nach oben: Wie? n=1
- Verschiebung der Geraden nach rechts: (x-1)
⇒ f(x)=m(x-1)+1; Geogebra Lineare Funktion Verschiebung.ggb
Für zu Hause für Interessierte:
- Einen Schieberegler q einbauen und die Funktion f(x) so anpassen, dass die Drehung immer um den Punkt (q,q) passiert. ⇒ f(x)=m(x-q)+q
- Auf welcher linearen Funktion g(x) liegen all die Punkte (q,q)?
- Welche Punktmenge (…,…) würde eine fallende Funktion g(x) ergeben und wie müsste die Funktion f(x) dann aussehen? ⇒ f(x)=m(x+q)+q
Übergang zu quadratischen Gleichungen, da man dort den Scheitelpunkt verschieben kann.
Quadratische Gleichungen
Wiederholung der allgemeinen Gleichung für konstante und lineare Funktionen. »Wie könnte man jetzt weitermachen?« ⇒ f(x)=ax²+bx+c quadratische Funktionen
@definition()
Als eine quadratische Funktion bezeichnet man eine Funktion der Form f(x)=ax²+bx+c, wobei der größte Exponent der Variablen x den Wert 2 hat und a,b,c∈ℝ mit a≠0 feste Werte sind. Die Grundfunktion lautet f(x)=x² (a=1,b=0,c=0).
⇒ Geogebra: 3 Schieberegler und die Funktion
- Der Parameter c Verschiebung entlang des y-Achse und Schnittpunkt mit der y-Achse
- Der Parameter a beeinflusst die Öffnung: a>0 ⇒ nach oben geöffnet, a<0 ⇒ nach unten geöffnet; beeinflusst auch die Steilheit: großes a steil, kleines a flach; a ist nicht der Anstieg!
- Für Parameter b ist keine Aussage möglich
- Ein markanter Punkt ist der Scheitelpunkt
- Monotonie ändert sich bei quadratischen Fnkt.:
- mit a>0:
- links vom Scheitelpunkt: fallend
- rechts vom Scheitelpunkt: steigend
- mit a<0:
- links vom Scheitelpunkt: steigend
- rechts vom Scheitelpunkt: fallend
- mit a>0:
Übungen
a | b | c | allgem. Fnkt. | kompakte Fnkt. | Öffnung |
---|---|---|---|---|---|
1 | 0 | 0 | 1x²+0x+0 | x² | oben |
Scheitelpunktsform
TODO
Nullstellenberechnung
pq-Formel
Polynome vom Grad n>2
»Wie könnte man nach konstanten, linearen und quadratischen Funktionen weitermachen?«
- n=3: kubische Funktionen
- n=4:
- n=5
- n=6
- allgemein spricht man von Polynomen vom Grad n; TODO Definition
Umkehrfunktionen
- schematische Darstellung
- oft bezeichnet mit f^-1, inverse Funktion
- anhand der Definition von Funktion und den Gegenbeispielen klären des Problems bei Umkehrfunktionen: nicht eindeutig, wenn Funktionswerte mehrfach vorkommen; Beispiele: x², sin/cos
- Umkehrfunktion ist eine Spiegelung an f(x)=x, d. h. zeichnen einfach durch drehen der Schablone
- Umkehrfunktion der Umkehrfunktion ist die Funktion
- in der Formel hebt die Umkehrfunktion die Funktion auf und kürzt sie nicht, d. h. bei Gleichungssystemen wendet man beidseitig die Umkehrfunktion an, um die Funktion »zu beseitigen«
Funktionstyp | Typ der Umkehrfunktion |
---|---|
konstant | n.def./x=… |
linear | linear |
quadratisch | Wurzel |
x³ | Kubikwurzel |
… | … |
Exponentiell | Logarithmus |
Sinus | Arcus sinus (sin^-1) |
Cosinus | Arcus cosinus (cos^-1) |
Tangens | Arcus tangens (tan^-1) |
Hyperbel | Hyperbel |
Wurzelfunktion
TODO
Hyperbel
TODO
Potenzfunktionen
@definition()
Menge alle Funktionen der Form f(x)=ax^r mit a,r∈ℝ
Exponential- und Logarithmusfunktion
TODO
- linear ggü. exponentiell: Verteilen von Papier, Intervallhalbierung zur Suche
- selbstverstärkende Prozesse
- WLAN dBmW, Lautstärke dB(A)
- Lawinen, Schneeballsystem
- DIN A4
- Stille Post
- 7 Schritte kennt jeder jeden
- Wissen
Trigonometrische Funktionen
TODO
- viele Prozesse in der Natur bestehen aus Wiederholungen, sind also Abläufe, die immer irgendwann wieder in einen Grundzustand zurückkommen und von dort aus neu beginnen. Die bezeichnet man als Schwingung. Nur wenige Prozesse sind reine Schwingungen, der überwiegende Teil besteht aus eine Mischung von Schwingungen, die dadurch kompliziert wirken.
- Beispiele für Schwingungen:
- Wetter: Wechsel zwischen Hoch- und Tiefdruck, Jahreszeiten, Tag/Nacht
- Töne: Schwingen einer Saite bzw. des Trommelfells im Ohr
- Berufsverkehr: morgens zur Arbeit, abends nach Hause
- Gezeiten: Anstieg und Absinken des Meerespiegels aufgrund des Mondes
- Oszilator-App, Tongenerator
- Stern-Dreieck-Anlaufschaltung
Rekursive Funktionsdefinitionen
Bisher haben wir bei der Definition einer Funktion immer die explizite Form verwendet, die dadurch gekennzeichnet ist, dass man mit einer Berechnung zu einem x-Wert den Funktionswert f(x) bestimmen kann.
@bsp()
Einige Beispiele für explizite Funktionsdefinitionen:
Wenn man eine wissenschaftliche Beobachtung vornimmt und die Messwerte in einem festen Intervall ermittelt, ist es manchmal hilfreich, den Folgewert in Bezug auf seinen Vorgänger zu beschreiben. Eine solche Form der Funktionsdefinitionen, bei der sich ein Wert einer Folge auf einen Vorgänger bezieht, nennt man rekursiv. Damit am Ende die Werte berechnet werden können, muss ein fester Anfangswert gegeben werden, auf den sich alle anderen Werte nach endlich vielen Schritten beziehen.
Die Formel sieht dann etwas komplizierter aus oder wird auch mithilfe von zwei Teilen beschrieben (@m(a,b,c∈ℝ)):
Eine Erzählung unter Mathematikern besagt, dass der junge Carl Gauß in der Schule die Aufgabe bekam, die Summe der Zahlen von 1 bis 100 zu bilden. Der Lehrer wollte eigentlich seine Ruhe haben und die Schüler mit der Aufgabe beschäftigen, aber schon nach kurzer Zeit hatte Carl Gauß das Ergebnis. Daraufhin sollte er noch die Zahlen von 1 bis 200 berechnen, was ihm ebenso schnell gelang, weil er neben der rekursiven Bildungsvorschrift auch die explizite gefunden hatte.
@bsp()
Die Berechnung der Summe der Zahlen von 1 bis n kann mithilfe einer rekursiven Bildungsvorschrift wie folgt beschreiben werden:
- sum(1) = 1 – die Summe der Zahlen von 1 bis 1 ist 1
- sum(n) = sum(n-1) + n – die Summe der Zahlen von 1 bis n ist gleich der Summe der Zahlen von 1 bis n-1 plus die Zahl n
Schreibt man sich dies für das Beispiel der Zahlen von 1 bis 100 ausführlich auf, so ergibt sich:
sum(100) = sum(99) + 100 = sum(98) + 99 + 100 = sum(97) + 98 + 99 + 100 = … = 1 + 2 + ⋯ + 99 + 100
Diese große Summe kann man auch umordnen, sodass der erste und der letzte Summand, der zweite und der vorletzte Summand u. s. w. zusammenstehen:
1+100 + 2+99 + 3+98 + ⋯ + 49+52 + 50+51
Hier sieht man schon, dass die Paare immer die Summe 101 ergeben und genau dies ist der Trick für die allgemeine Berechnung, denn es sind 50 Paare. Die Summe der Zahlen von 1 bis n kann also auch auf explizite Weise mit der folgender Formel berechnet werden:
So gibt es für die Summe der Zahlen von 1 bis n zwei Möglichkeiten zur Berechnung. Bei der expliziten Formel benötigt man zwar eine Multiplikation, die schwieriger als eine Addition ist, aber für große Zahlen ist man damit schneller als mit der häufigen Addition bei der rekursiven Berechnung.
@aufg()
Zusatzaufgabe: Wenn n keine gerade Zahl wie 100 ist, geht die Paarbildung nach der obigen Überlegung nicht auf. Warum stimmt die obige Formel trotzdem?
@spoiler()
Wenn n eine ungerade Zahl ist, dann ist ihr Vorgänger eine gerade Zahl und man kann die obige Idee der Paarbildung nutzen. Zu dieser Summe der Zahlen bis n-1 addiert man noch die Zahl n hinzu und erhält:
@bsp()
Ebenso kann man das Produkt der Zahlen 1 bis n durch eine rekursive Bildungsvorschrift definieren. Dieses Produkt bezeichnet man als Fakultät von n oder auch kurz n-Fakultät; Schreibweise n!:
Der erste Teil besagt, dass das Produkt der Zahlen von 1 bis 1 gleich 1 ist, und der zweite Teil besagt, dass das Produkt der Zahlen von 1 bis n das Produkt der Zahlen von 1 bis n-1 multipliziert mit n ist.
Die Fakultät von 5 ergibt so zum Beispiel als
fak(5) = fak(4) · 5 = fak(3) ⋅ 4 · 5 = fak(2) · 3 · 4 · 5 = fak(1) · 2 · 3 · 4 · 5 = 1 · 2 · 3 · 4 · 5 = 120
Eine explizite Formel gibt es für die Fakultät nicht.
Es gibt nicht immer beide Möglichkeiten zur Beschreibung einer Funktion. Der rekursive Ansatz ist meist aufwändiger zu berechnen, aber man erkennt leichter das Prinzip, das hinter der Wertentwicklung steckt.
@bsp()
Ein weiteres Beispiel ist die Fibonacci-Folge – benannt nach dem italienischen Mathematiker Leonardo Fibonacci –, die viele Prozesse in der Natur beschreibt. Die rekursive Definition der Fibonacci-Folge lautet:
- fib(1) = 1
- fib(2) = 1
- fib(n) = fib(n-1) + fib(n-2)
Als die ersten Glieder der Folge ergeben sich also:
n 1 2 3 4 5 6 7 8 fib(n) 1 1 1+1=2 2+1=3 3+2=5 5+3=8 8+5=13 13+8=21 Inhaltlich wird die Fibonacci-Folge gern für das (theoretische) Wachstum einer Kaninchen-Herde (Population) verwendet:
- Jedes Paar Kaninchenpaar wirft pro Monat ein weiteres Paar Kaninchen.
- Ein neugeborenes Paar bekommt erst im zweiten Lebensmonat Nachwuchs (die Austragungszeit reicht von einem Monat in den nächsten).
(© 2020 Mabit1, CC BY-SA 4.0, Quelle) TODO: Bild speichern
TODO: explizite Formel erwähnen https://de.wikipedia.org/wiki/Fibonacci-Folge#Formel_von_Moivre-Binet
Die Fibonacci-Folge ist ein hervorragendes Beispiel, um zu veranschaulichen, dass Mathematik an vielen Stellen in der realen Welt auftaucht und man nur hinsehen und sie erkennen muss. Eng verbunden mit der Fibonacci-Folge sind zum Beispiel der Goldene Schnitt, die geometrische Form eines Schneckenhauses oder die Anordnung der Samen einer Sonnenblumenblüte; siehe auch Fibonacci-Folgen in der Natur. Die YouTube-Videos Nature by Numbers und Fibonacci Sequence in Nature illustrieren diese Zusammenhänge sehr anschaulich.
Mathematische Wachstums- und Zerfallsprozesse
Viele Prozesse in der Natur lassen sich in bestimmte Gruppen einteilen, womit man allgemeine Aussagen über alle ähnlichen Prozesse in einer Gruppe geben kann. Zwei häufige Gruppen sind die linear und die exponentiell verlaufenden Prozesse. Wenn der Prozess ansteigt – also immer mehr wird –, spricht man von einem Wachstumsprozess. Wenn der Prozess hingegen abnimmt – also immer kleiner wird –, spricht man von einem Zerfallsprozess.
Linear verlaufende Prozesse
In der Regel sucht man zu einem Prozess eine Berechnungsvorschrift, um zukünftige Werte prognostizieren zu können. Daher beobachtet man den Prozess und nimmt regelmäßig in immer gleichen Zeitabschnitten Proben. Man kann zum Beispiel die Menge an Elementen zählen oder das Gewicht bestimmen oder die Temperatur messen. Beispielhaft sei eine solche Messung fiktiver Werte in einer folgenden Tabelle dargestellt:
TODO: über der oberen Zeile die Schritte mit +1 kennzeichnen, unter der unteren Zeile die Schritte mit +2 kennzeichenn
Zeitpunkt | 0 | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Anzahl | 5 | 7 | 9 | 11 | 13 | 15 | 17 | 19 | 21 |
Hieran kann man sehr gut sehen, dass sich mit jedem Schritt – d. h. immer plus 1 in der oberen Zeile – die Anzahl um 2 erhöht – d. h. in der unteren Zeile wird immer 2 hinzuaddiert.
Damit lässt sich die rekursive Bildungsvorschrift erstellen:
Davon ausgehend kann man sich auch die explizite Formel herleiten, indem man die rekursive Formel auflöst:
f(n) = f(n-1) + 2 = f(n-2) + 2 + 2 = f(n-3) + 2 + 2 + 2 = … f(1) + 2 + ⋯ + 2 = f(0) + 2 + 2 + ⋯ + 2 = 5 + 2 + 2 + ⋯ + 2 = 5 + 2 ⋅ n
Diese Formel hat die Gestalt einer linearen Funktion, weshalb man Wachstumsprozesse mit der Bildungsvorschrift B(n) = B(n-1)+c auch als lineares Wachstum resp. Zerfall bezeichnet. Die explizite Formel lautet dann B(n) = B(0) + c⋅n.
Wenn man die Werte aus der obigen Tabelle in einem Diagramm einträgt, sieht man auch, dass man diese mit einer Geraden verbinden kann, wie bei einem linearen Graphen.
TODO: Abbildung erstellen
Exponentiell verlaufende Prozesse
Bei der rekursiven Bildungsvorschrift kann man statt der Addition auch eine Multiplikation verwenden, sodass die Definition folgenden Charakter bekommt:
Löst man diese Vorschrift auf, so erhält man:
Dies ist eine Exponentialfunktion, weshalb diese Form des Wachstums auch exponentielles Wachstum genannt wird.
Beispiele für lineare und exponentielle Prozesse
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Dieses Beispiel sollte man am besten praktisch in der Klasse vollziehen, indem man zwei Stapel von Blättern verteilt; je nach Anzahl der Schüler entweder in zwei Runden oder parallel.
Die Aufgabe ist es, einen Stapel von Papierblättern an alle Schüler zu verteilen. Dies kann auf mindestens zwei unterschiedliche Weisen passieren: a) jeder Schüler nimmt sich ein Blatt und gibt den Stapel an den nächsten weiter oder b) jeder Schüler nimmt sich ein Blatt, halbiert den Stapel und gibt jeweils eine Hälfte an zwei andere Schüler weiter.
Der Unterschied, wie viele Schüler nach n Schritten ein Blatt bekommen haben, ist bei beiden verfahren enorm:
Schritt Verfahren a) Verfahren b) 1 1 1 2 2 3 3 3 7 4 4 15 5 5 31 Abgesehen von praktischen Verteilungsproblemen, weil für manche Schüler nicht zwei Nachbarn existieren, wäre der Stapel mit dem Verfahren b) bereits nach fünf Schritten verteilt, während mit dem Verfahren a) erst fünf Schüler ein Blatt bekommen hätten.
In der Tabelle sieht man auch sehr gut, dass sich die Zahlen beim Verfahren a) linear mit der Anzahl der Schritte entwickeln, während die Zahlen beim Verfahren b) »explodieren«, also einen exponentiellen Verlauf haben. Stellt man die Verfahren einmal grafisch dar, so sieht man, dass sich beim Verfahren a) eine Kette bildet, aber beim Verfahren b) eine Art Baum, der immer größer wird.
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Auf diese Weise lassen sich auch Informationen leicht verbreiten, indem jeder die Information an es mindestens zwei Personen weitergibt – das klassische Prinzip der Mundpropaganda. Durch das exponentielle Wachstum ist sie auch so effizient, weil der Aufwand pro Person recht gering ist – es müssen nur zwei weitere kontaktiert werden –, aber in Summe erreicht man somit riesige Gruppen.
In negativer Weise wird dieses Prinzip bei sogenannten Pyramiden- oder Schnellballsystemen angewandt; diese sind daher auch illegal. Oft kommen diese bei zwielichtigen Geschäften zum Einsatz und ähneln dem Verlauf einer (Schnee-)Lawine: Ein kleiner Stein, der den Hang hinab rollt, stößt zwei weitere Steine an. Diese wiederum stoßen wieder zwei Steine an u. s. w. Nach 10 Schritten befinden sich rund 1000 Steine in Bewegung, nach 20 Schritten rund 1 Mio. Steine und nach 30 Schritten rund 1 Mrd. Steine.
Bei solchen illegalen Geschäften wird den Teilnehmern ein hoher Gewinn versprochen, wenn sie einen Betrag einzahlen und mindestens zwei weitere Mitglieder anwerben. Wenn jedes Mitglied 100 Euro einzahlt, liegen bereits nach 14 Schritten mehr als eine Halbe Million Euro im Topf und meist verschwinden die Anstifter dann.
Noch stärker wirkt sich das exponentielle Wachstum aus, wenn mehr als zwei Leute pro Schritt erreicht werden. Wenn man rein theoretisch annimmt, dass jeder Mensch 10 Bekannte hat, so kann man mit 5 Schritten 10·10·10·10·10 = 10⁵ = 100 000 Menschen erreichen und mit nur 10 Schritten könnte man jeden Menschen auf dieser Erde erreichen. Verschiedene Untersuchungen haben gezeigt, dass diese Zahl praktisch bei sieben (sic!) liegt; Über 6,6 Ecken: Das Jeder-kennt-jeden-Gesetz – DER SPIEGEL; Kleine-Welt-Phänomen – Wikipedia.
Den Ansatz, die Menge pro Schritt immer zu Verdoppeln, kann man auch in die umgekehrte Richtung nutzen, und die Menge immer halbieren. Auf diese Weise erhält man ein Verfahren, dass Intervallhalbierung genannt wird und mit dem man große Mengen effizient durchsuchen kann.
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Nehmen wir als Aufgabe, die Wurzelberechnung einer Zahl, wobei wir am Taschenrechner keine Funktion dafür haben, sondern nur das Quadrat einer Zahl (durch Multiplikation mit sich selbst) berechnen können.
Suchen wir also die Wurzel aus 62 und wollen diese auf drei Nachkommastellen genau berechnen, so hätten wir alle Zahlen von 7,000 bis 7,999 zu prüfen. Dies sind 1000 Zahlen und wir bräuchten dafür sehr lange. Mit dem Verfahren der Intervallhalbierung geht dies aber in 11 Schritten:
Im jedem Schritt hat man drei Zahlen: die kleinste mögliche Zahl k, die Zahl in der Mitte m und die größte mögliche Zahl g. Von der Mitte berechnet man dann das Quadrat und prüft es gegen 62. Ist es größer, so nimmt man für den nächsten Schritt das Intervall von k bis m. Ist es hingegen kleiner, so nimmt man das Intervall von m bis g.
Auf diese Weise schrumpft die Menge der möglichen Zahlen immer um die Hälfte und man erhält einen exponentiellen Zerfallsprozess.
Schritt Anzahl 0 1000 1 500 2 250 3 125 4 63 5 32 6 16 7 8 9 4 10 2 11 1
Statt also 1000 Zahlen prüfen zu müssen, benötigt man nur 11 Schritte. Für 10 000 Zahlen nur 15 Schritte und für 100 000 Zahlen 18 Schritte. Auch hier merkt man, dass wieder die Größen aufgrund des exponentiellen Wachstums »explodieren« bzw. mit der Halbierung die Größen extrem schnell schrumpfen.
Eine Motivation sei an dieser Stelle noch gegeben: Der Prozess des Lernens verläuft ebenfalls exponentiell.1 In jungen Jahren ist Lernen anstrengend und mühsam und es geht kaum voran – wie bei der Exponentialfunktion. Aber mit jeden Gelernten kann man mehr und wird schneller, sodass man mit dem entsprechenden Training später größere Dinge mit Leichtigkeit bewältigen kann. Allerdings zeigt sich auch an der Exponentialfunktion, welche Auswirkung der (hypothetische) Lernfaktor hat: Das Potenzial bzw. die Differenz wächst auch exponentiell.
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Es lohnt sich das gesamte Video anzusehen. ↩
Das Wesen exponentieller Prozesse
Es wird gern die Mär verbreitet, dass der Durchschnittsmensch kein Gespür für exponentielles Wachstum habe und nur Wissenschaftler wirklich wüssten, wie exponentielles Wachstum abläuft. Dieser Beobachtung von »kein Gespür dafür« liegt vielmehr ein Erfahrungsmangel und keine mangelnde Fähigkeit zugrunde. Wer häufig mit exponentiellen Prozessen zu tun hat, entwickelt auch ein Gespür für deren Verhalten. Einige Wissenschaftler arbeiten häufig mit exponentiellen Prozessen wie dem Wachstum von Pilz- oder Bakterienkulturen oder allgemein pflanzlichen oder tierischen Populationen, woher sie ihre Erfahrung nehmen.
Im Alltag kommt exponentiellem Wachstum noch am nächsten das Überkochen von Milch oder das »falsche« Einschenken von Bier. Hierbei hat man den Verlauf, dass es am Anfang sehr entspannt und ruhig aussieht, es bildet sich etwas Schaum, aber nicht viel. Und dann plötzlich explodiert der Schaum förmlich und der Glas bzw. der Topf quillt über. Wer genau um diese trügerische Sicherheit am Anfang weiß, ist auch bereits da vorsichtig und stoppt rechtzeitig, um die »Explosion« kontrollieren zu können.
Da (fast) jeder ein Glas Bier einschenken oder Milch aufkochen kann, kann auch jeder ein Gespür für exponentielle Prozesse entwickeln. Nur bedarf es eben der Übung darin bzw. des Bewusstseins um die trügerische Sicherheit am Anfang für den Umgang mit solchen Verläufen.
Ein weiteres Beispiel für einen problematischen Verlauf sind eingeschleppte Tier- und Pflanzenarten – Neobiota genannt. Die Vermehrung von Lebewesen folgt annähernd einem exponentiellen Prozess, solange es keine Feinde oder wachstumshemmende Faktoren gibt. Diesen Prozess zu stoppen, wenn er erst eine bestimmte Schwelle überschritten hat, ist aufgrund des explosionsartigen Verlaufs fast unmöglich. Daher wird gesagt, dass wenn der Laie Neobiota – wie Waschbären und die Nacktschnecken in den letzten Jahren – bemerkt, es schon zu spät ist. Neue Arten fallen im Alltag meist erst dann auf, wenn die »Explosionsphase« begonnen hat, und dann gegenzusteuern erfordert einen immensen Aufwand.
Den großen Unterschied im Verhalten zwischen linearen und exponentiellen Prozessen kann man mathematisch anhand der Formeln für die explizite Berechnung erkennen:
Bei einem linearen Verlauf ist der Anstieg immer gleich. Bei einem exponentiellen Verlauf hingegen ändert sich der Anstieg von sehr flach zu sehr steil, was genau der »trügerischen Ruhe« und der »Explosionsphase« entspricht.
In der rekursiven Bildungsvorschrift kann man noch ein weiteres Problem der beiden Verläufe sehen:
Den Wert c könnte man so interpretieren, dass dem Prozess in jedem Schritt von außen eine gewisse »Energie« zugeführt wird. Der Wert a hingegen beschreibt eine Größe, um die sich der Prozess selbst verstärkt. Zu exponentiellem Wachstum kommt es also nur, wenn sich ein Prozess selbst antreibt, wohingegen bei linearem Wachstum der Prozess auf eine externe Zuvor angewiesen ist. Ab einem bestimmten Punkt lassen sich selbstverstärkende Prozesse – wie z. B. eine Kettenreaktion in einem Kernkraftwerk – schwer oder gar nicht von außen kontrollieren.
Weitere Wachstumsmodelle
Neben linearen und exponentiellen Wachstum gibt es noch weitere Wachstumsmodelle, die unter anderem in der Wikipedia beschrieben sind. In der Informatik untersucht man zum Beispiel das Verhalten von Algorithmen in Bezug auf deren Laufzeit und Speicherverbrauch und gliedert sie in logarithmisches, lineares, polynomielles und exponentielles Wachstum. Für einen Suchalgorithmus bedeutet lineares Wachstum zum Beispiel, dass mit einer Vergrößerung der zu durchsuchenden Menge die Dauer für die Suche nur um einen konstanten Betrag wächst. Mit einem exponentiellen Verhalten benötigt man hingegen ein Vielfaches der Zeit bzw. des Speicherplatzes.
Daher strebt man immer Algorithmen mit möglichst »langsamen« Wachstum an – am bestem logarithmisches. Allerdings zeigt die Theorie, dass sich Algorithmen nicht beliebig bremsen bzw. beschleunigen lassen und es zum Beispiel keinen Sortieralgorithmus mit linearer Laufzeit geben kann.